theatercompagnie
Tagträumer
Unter
dem Milchwald
nach dem Hörspiel «Under the Milkwood» von Dylan Thomas
Regie Veronika Brendel
mit Rolf Birkholz, Marita Kraus, Gudrun Schnitzer, Christoph Winkelmann
"Under the milkwood"
entstand 1945 im Auftrag der BBC und zählt zu den wichtigsten und erfolgreichsten
Werken von Dylan Thomas. Mit dem Hörspiel gelang ihm eine poetische Stimmenfuge,
die Alltag und Träume der Bewohner einer walisischen Kleinstadt voll Ironie
und Anteilnahme zu einem Panorama menschlichen Lebens bündelt:
«Über dem Milchwald ist die
Sphärenmusik deutlich vernehmbar. Und zwar der Frühlingsstimmenwalzer.
Ein Gesangsverein singt auf dem Friedhof von Bethesda, fröhlich aber gedämpft.
Die grünen Gräser feiern Hochzeit über den Tenören. Und
Hunde bellen, bis sie blau im Gesicht sind. Mrs. Ogmore-Pritchard rülpst
in ein winziges Taschentüchlein und jagt den Sonnenschein mit einer Fliegenpatsche.
Doch nicht einmal sie kann den Frühling vertreiben. Aus ihrer Fingerschale
wächst eine Primel.»
«"Es
ist Frühling", sagt der Sprecher. "Mondlose Nacht in der kleinen
Stadt, sternlos und bibelschwarz, die Kopfpflasterstraßen still, und der
geduckte Liebespärchen- und Kaninchenwald humpelt unsichtbar hinab zur
schlehenschwarzen, zähen, schwarzen, krähenschwarzen, fischerbootschaukelnden
See".
So beginnt "Unter dem Milchwald", Dylan
Thomas' Hörstück, gespielt von vier Schauspielern der "theatercompagnie
Tagträumer". Jeder von ihnen spricht mehrere Personen, variiert dazu
Stimme, Haltung und Mimik.
Einen Tag und eine Nacht umspannt das Stück,
das in einem kleinen walisischen Fischerort spielt. Der Alltag der Einwohner
wird in Sprechszenen aneinander gereiht, eine stringente Handlung gibt es dabei
nicht. Sprecher Christoph Winkelmanns Textpassagen geben dem Stück einen
Rahmen und stellen Bezüge zwischen den Akteuren her.
Die ersten Szenen des Stücks handeln von
den verworrenen Träumen der Einwohner des fiktiven Ortes Llareggub. Der
blinde Kapitän Cat fantasiert von Ertrunkenen; Mog Edwards, Tuchhändler
und liebestoll, träumt von Myfanwy Price, Damenschneiderin und Inhaberin
eines Schokoladenladens. Polly Garter träumt von Babies, Boyo Nichtsnutz
von gar nichts, Lord Kristallglas von Uhren und Mary Ann Seefahrer fantasiert
keusch-lüstern von der Flucht in einen Garten Eden.
Nach dem Erwachen beginnt ein geschäftiger
Morgen. Polly Garter gibt im Garten ihrem Baby die Brust. "Nichts wächst
in unserem Garten, bloß Wäsche. Und Babies. Und wo ihre Väter
leben, meine Lieben? Über die Berge und Fluren weit." Dann sind "Nasen
geputzt, Nissen gesucht, Haare gekämmt, Pfoten geschrubbt, Ohren gefeigt
und Kinder weggekreischt in die Schule". Es wird Mittag und schließlich
dämmert es und die Luft füllt sich mit Liedern und Liebe. "Sphärenmusik,
und zwar der Frühlingsstimmenwalzer. (...) Die grünen Gräser
feiern Hochzeit über den Tenören. Und Hunde bellen, bis sie blau im
Gesicht sind." Die Bewohner nehmen ihre Schrullen, schwülen Sehnsüchte
und Obsessionen mit in den Abend.
"Mit einem Mal ist Nacht. Die finstere Stadt
ist ein Hügel von Lichtern, und von den windgeschlagenen Wellen herauf
rufen die Lichter der Lampen in den Fenstern den Tag zurück und die Toten,
die hinausgefahren sind auf die See." Und der Milchwald, in dem geliebt,
gesündigt und musizert wird, ist für die einen "ein von Gott
erbauter Garten", für die anderen das "wollüstige unbedachte
Bethaus voller Brautbetten" und für den Pfarrer Eli Jenkins eine "grünbelaubte
Predigt von der Unschuld des Menschengeschlechts". Die Liebe, der Tod und
das Meer, das sind die Elemente, um die sich alles dreht. "Und die dünne
Nacht wird dunkler. Eine Brise vom gekräuselten Wasser her seufzt durch
die Gassen dicht unter dem milchwachen Wald. Dem Wald, in dem jede Baumwurzel
ein gespaltener Huf ist im schwarzen lauernden Auge der Jäger der Liebenden."»