theatercompagnie Tagträumer
Portia Coughlan
von Marina Carr
Regie Veronika Brendel
mit Petra Gomes, Gudrun Schnitzer, Rolf Birkholz, Ingeburg Amodé,
Christoph Winkelmann, Christof Fleischer, Uta Eckhardt


In einer ungewöhnlichen Bandbreite von Gefühlen und einer poetisch verdichteten Sprache schildert Marina Carr, wie sich eine junge Mutter ­ gefangen in der Liebesbeziehung zu ihrem Bruder ­ an der Enge des Dorflebens reibt.

    Die Autorin beschreibt in einem Interview ihre Heldin:

    «... Ich liebe sie. Ich kann verstehen, warum das anderen überhaupt nicht so geht, weil sie ein kleines Monster ist.
    Aber ich liebe ihren inneren Kampf, verstehen Sie? Und die Härte und Gemeinheit. Und sie fickt 'rum und kriegt nichts auf die Reihe, aber sie hat eine schärfere Intelligenz als alle anderen. Sie hat ein sehr viel genaueres Gespür als die anderen... Und sie ist ihnen ein bißchen peinlich. Sie wollen ihr sagen: "Halt´s Maul, und tu das, was du tun sollst. Kümmere dich um deine Kinder, und sieh zu, daß dein Haus sauber ist ..."»

    Das Gespenst singt eine eindringliche Weise. Von überall tönt das Lied, man kann ihm nicht entgehen. Portia kennt diesen Geist nur zu gut. Es ist ihr Zwilling Gabriel, der sich vor 15 Jahren ertränkte. Heute wäre er 30 geworden, wie Portia, die nie aufgehört hat, Zwiesprache mit ihrem toten Bruder zu halten und sich nun von ihm ins jenseits hinüber gezogen fühlt. Im Leben hält sie wenig, ein langweiliger Ehemann, drei ungeliebt-ungewollte Söhne, eine hasszerfressene Familie und der schnelle Sex mit einem Schönling aus dem Dorf ­ nirgendwo findet Portia Halt. Und so schreit, stampft und wütet sie gegen die Welt an.

    Marina Carr, 1964 geboren und in Tullamore, Irland aufgewachsen, gehört neben Martin Crimp, Sarah Kane und Mark Ravenhill zu der jungen wilden Londoner Theaterszene, im Zentrum ihrer Stücke: das Lebensgefühl der 90iger Jahre. Marina Carr studierte Englisch und Philosophie am University College in Dublin.

    Die Uraufführung von Portia Coughlan fand im April 1996 am Abbey Theatre statt und wechselte einen Monat später an das Londoner Royal Court Theatre.

    »... Die Magie ist aus dem Theater verschwunden. Man kriegt doch heute ganz oft nur Sitcoms oder Seifenopern zu sehen. Je mehr etwas vom Fernsehen beeinflußt ist, desto besser scheint es zu sein. Der Gott Fernsehen prägt alles, und wir haben die Grundlagen vergessen. Der Maßstab ist verlorengegangen. Ich finde das wirklich abscheulich, aber ich glaube auch, daß es genügend Menschen gibt, die merken, was los ist. Man muß seine Klassiker kennen. Man muß wissen, was die Grundlagen sind, und dann rauskriegen, wie man sich an ihnen messen kann.«

    (aus einem Interview der Times mit Marina Carr)



   «... Portia ist ein dunkler Horrortrip, ein Menschheits-Abgesang von grausiger Konsequenz. Zwei Männer tragen die Namen von Erzengeln, Portias Zwilling Gabriel und ihr Gatte Raphael. Der eine verführt zum Tode, der andere hat einen Hinkefuß, was ihn aber nicht satanisch sondern rührend hilflos erscheinen läßt. Beide Hoffnungsträger stehen für verschiedene Spielarten der Hölle. Ein eindrückliches, intensives Theaterstück von großer formaler Klarheit, mit Marina Carr entdeckt das Theater eine mehr als vielversprechende Autorin ...»

    FR vom 25.10.2000

    «... Das Drama wird in einem geschickt arrangierten Raumbild mit einer Strickleiter und einem Bartresen als einzigem Interieur im großen Bühnenraum entfaltet. Das Bild wird gefiltert durch eine vorgespannte Gaze, auf die beim Wechsel zu den Außenauftritten eine Waldlandschaft projeziert wird. Damit vermittelt die Szenerie nicht nur diffusen Nebeneffekt, sondern auch die parallele Präsenz von Bewußtsein und Unterbewußtsein ...»

    FAZ vom 15.12.2000


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